text (work)
Texte sind - auch das ist ein alltagssprachliches Verständnis - Ausdruckformen von Ideen, Gedanken, Aussagen. Diese lassen sich aber in vielfältigen Formulierungsmöglichkeiten äußern. Angesichts der Produktions-, der Transmissions- und der Rezeptionsbedingungen von TextenF besteht offensichtlich eine 1:n-Relation zwischen dem gedachten Werk und den realisierten Fassungen. Autoren verfassen mehrere abweichende Entwürfe, es entstehen verschiedene Druckfassungen, Abschriften enthalten einen anderen TextF / TextS als die Vorlagen, dem Leser sind unterschiedliche Formen gleich respektabel usw. Der Glaube an objektive Entscheidungskriterien, die zur Bestimmung des eindeutigen TextesS führen, in dem die Gedanken endgültig adäquat ausgeformt sind, ist uns heute verloren gegangen. Wie sollte entschieden werden, welche Fassung “besser” oder “schlechter” ist? Welche näher an einen Autorintention liegt, die noch auch nur subjektiv und spekulativ zu erschließen ist? In einer Haltung, die nicht-legitimierbare Anmaßungen vermeiden will und die Fassungen als reale Erscheinungsformen der TexteW - als Wegmarken der auktoriell chronologischen Bewegung - ernst nimmt, kann der Text als Werk nur als Summe der Ausdrucksformen begriffen werden.